Bessere Batterien sind ein Schlüssel für die Energiewende und nachhaltige Mobilität. Evonik arbeitet daran, die Stromspeicher leistungsfähiger und günstiger zu machen. Selbst aus altbekannter Technik lässt sich noch eine Menge herausholen.
Die „New York Times“ schreibt nicht oft über das Städtchen Arnstadt bei Erfurt. Und wenn, dann eigentlich nur, weil vor drei Jahrhunderten ein junger Herr namens Johann Sebastian Bach dort Orgel spielte. Seit Sommer 2018 weckt ein ganz anderer Star in der Provinzstadt das Interesse der Weltpresse: Die chinesische Contemporary Amperex Technology Limited, kurz CATL, baut dort ihre erste Batteriefabrik außerhalb des Heimatlandes.
Zwei Milliarden € will der weltgrößte Hersteller von Batterien für Elektroautos in Thüringen investieren. Der Grundstein ist gelegt, schon in diesem Jahr sollen erste Akkus für BMW vom Band laufen. Der Autobauer hat Speicher für 1,5 Milliarden € bestellt. Bis zu 2.000 neue Jobs sollen entstehen, ein stillgelegter Güterbahnhof wird eigens für die Chinesen reaktiviert. „Die Leute freuen sich, dass sich hier eine Firma ansiedelt, die Jobs für ihre Kinder und Enkelkinder bieten wird“, gab die örtliche Leiterin der Agentur für Arbeit der „Times“ zu Protokoll. Die Arnstädter knüpfen große Hoffnungen an die Batterie.
Damit sind sie nicht allein. Energiespeicher haben das Zeug, Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend zu verändern. Elektromobilität, erneuerbare Energien, Informationstechnik, Unterhaltungselektronik – kaum ein Lebensbereich, der nicht von einem leistungsfähigen Strom- oder Wärmespeicher abhängt. Vom Pumpspeicherwerk, das Leistungsspitzen von Sonnen-, Wind- und Wasserkraftwerken ausgleicht, über Doppelschichtkondensatoren in Bremssystemen von Elektroautos bis hin zur Elektrolyse, bei der mit Strom energiereicher Wasserstoff erzeugt werden kann (siehe Schaubild Seite 50/51).
BAUPRINZIP AUS DEN 90ERN
Die Marktchancen sind gewaltig: Allein die Automobilbranche wird im laufenden Jahrzehnt 300 Milliarden US-$ in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen investieren, hat die Nachrichtenagentur Reuters errechnet. Der Internationalen Energieagentur IEA zufolge könnten im Jahr 2030 weltweit 44 Millionen Elektroautos verkauft werden. Die Prognosen des französischen Beratungsunternehmens Avicenne Energy sind sehr viel konservativer, doch selbst danach würde sich der Markt für Lithium-Ionen-Batterien in Elektroautos in den kommenden zehn Jahren auf gut 120 Milliarden US-$ nahezu vervierfachen.
Die Schlüsselrolle der modernen Lithium-Ionen-Batterie (kurz: LIB) für die Elektromobilität kommt nicht von ungefähr: Sie ist leistungsfähiger und effizienter als alles vorher Dagewesene. Dass sie für den Alltag taugt, ist drei Erfindern zu verdanken, die dafür 2019 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurden (siehe unten). Sie setzten schon vor Jahrzehnten den technischen Standard.
„Das Prinzip der Lithium-Ionen-Batterie hat sich seit den 1990ern nicht verändert“, sagt Prof. Dr. Frank Menzel. Er lehrt an der Technischen Universität Ilmenau und verantwortet bei Evonik die Anwendungstechnik für Spezialoxide. Die Aussage mag ketzerisch klingen. Immerhin haben Entwickler drei Jahrzehnte Arbeit in längere Lebensdauer, höhere Kapazität und geringere Produktionskosten gesteckt. Allein zwischen 2010 und 2019 konnte der Preis pro Wattstunde Speicherleistung von einem US-$ auf unter 16 Cent gesenkt werden. Doch im Grunde folgen gängige LIBs im Wesentlichen noch immer dem alten Bauplan: Die Kathode besteht aus einem Lithium-Metall(misch)oxid und die Anode aus Kohlenstoff. Beides ist getrennt durch einen dünnen Separator, und alle Zellkomponenten sind getränkt mit einem flüssigen Elektrolyten.
IMMER STÄRKER, IMMER BILLIGER
Um mehr aus dieser etablierten Technologie herauszukitzeln, setzt Evonik an praktisch allen Komponenten an. Das Ziel sind höhere Kapazität, längere Lebensdauer und verbesserte Sicherheit. Der Weg dorthin führt über Rheinfelden. Dort, nahe der deutsch-schweizerischen Grenze, produziert Evonik nanostrukturierte Partikel aus Aluminiumoxid und Titandioxid. Sie könnten eine ganze Reihe von Problemen lösen, wie Dr. Daniel Esken erklärt. Er leitet die Anwendungstechnik Batteries am Standort Hanau und ist verantwortlich für die Batterieprojekte des Geschäftsgebiets Silica bei Evonik. „Eine der Herausforderungen ist die Reaktivität des Kathodenmaterials mit dem flüssigen Elektrolyten. An dieser Grenzfläche kommt es aufgrund der elektrochemischen Prozesse und der hohen Zellspannung zu ungewollten Reaktionen“, erklärt Esken. Das Ergebnis zeigt er auf einer elektronenmikroskopischen Aufnahme: Die einst runden Kathodenpartikel, die an mürbe Kekse erinnern, haben sich nach 250 Ladezyklen partiell zersetzt, sind also regelrecht zerbröselt. Dadurch fällt die Gesamtkapazität der Batterie über die Zeit irreversibel ab.
WUNDERMITTEL ALUMINIUMDIOXID
Deutlich einschränken lässt sich dieser Effekt, indem man die Kathodenpartikel mit Aluminiumoxid oder Titandioxid beschichtet. Dazu wird das nanostrukturierte, oxidische Pulver mit dem Kathodenmaterial gemischt. Es legt sich um die Partikel und reagiert in der fertigen Batterie mit dem Elektrolyten zu einer Art Glasur, die zwar Ionen durchlässt, aber die Partikel am Zerfall hindert.
Was Aluminiumoxide für den Separator einer Lithium-Ionen-Batterie leisten, wird in einem brachialen Test deutlich: Hinter Panzerglas werden Nägel durch zwei Batteriezellen getrieben. Die erste explodiert, die zweite nicht – dank Aluminiumoxid im Separator. „Unser Material lässt sich beim Extrudieren in den Kunststoff einarbeiten oder aber als dünne keramische Beschichtung auf die Separatorfolie auftragen“, erklärt Esken. Gerade einmal rund 20 Mikrometer misst der poröse Separator, das ist weniger als der Durchmesser eines menschlichen Haars.
Mit der Hanyang-Universität in Seoul arbeitet Eskens Team außerdem daran, Aluminiumoxid im Elektrolyten einzusetzen – in Kombination mit Methacrylat als funktionelle Gruppe auf der Oberfläche der Oxidpartikel. „Unser Material wird als keramische Schicht auf den Separator aufgebracht und polymerisiert nach dem Befüllen der Zelle mit Additiven im Elektrolyten“, sagt der Batterieexperte. Dadurch bildet sich ein Gel. Das macht die LIB-Zelle nicht nur auslaufsicher, sondern es kommt zu einer verbesserten Adhäsion zwischen den Zellkomponenten.
Unweit von Eskens Büro widmet sich Dr. Julia Lyubina vom Bereich Strategy & New Growth Business der Anode. Auch ihr hilft ein Produkt aus Rheinfelden, in diesem Fall ein ganz neues. „Heutige Anoden bestehen aus Graphit“, erklärt die Materialphysikerin. „Aber wir wissen, dass zusätzlich eingebautes Silizium in der Anode die Kapazität deutlich erhöhen kann.“ Das Problem: Siliziumpartikel blähen sich beim Beladen mit Lithium-Ionen um bis zu 300 Prozent auf. Das kann die Anode sprengen, vor allem aber zerbröseln die Partikel wieder. Zur Lösung dieses Problems hat Lyubinas Team ein neuartiges Kompositmaterial samt Produktionsprozess entwickelt. Die etwa 200 Nanometer großen Kugeln, die in der Anode verwendet werden, bestehen aus Silizium und Kohlenstoff, wobei im Kern vor allem Silizium steckt und zum Rand hin die Kohlenstoffkonzentration zunimmt. „Mit zehn Gewichtsprozent Silizium in der Anode können wir ihre Ionen-Kapazität verdoppeln“, erklärt Lyubina. Am Evonik-Standort Rheinfelden, wo man bis vor ein paar Jahren noch reines Silizium für die Solarindustrie herstellte, wurde eine bestehende Anlage für das neue Produkt umgerüstet. Sie soll noch in diesem Jahr in Betrieb gehen.
ALTE TECHNIK MIT POTENZIAL
Wenn es darum geht, noch mehr aus den aktuell verfügbaren Speichertechnologien zu holen, bleibt auch die Blei-Säure-Batterie nicht außen vor. Die klassische „Autobatterie“ ist alles andere als tot. Gemessen an der verkauften Speicherleistung macht sie 70 Prozent des Weltmarkts aus. Jedes Jahr werden Blei-Säure-Batterien mit einer Speicherleistung von 400 Gigawattstunden verkauft. Tendenz: steigend. Drei Viertel davon sind in Autos mit Verbrennungsmotoren unterwegs.
Lager für Lithium-Ionen-Batterien: Der Internationalen Energieagentur zufolge könnten im Jahr 2030 bereits 44 Millionen neue Elektrofahrzeuge auf die Straße rollen. Auch da wird ihnen mittlerweile viel mehr abverlangt als früher: Start-Stop-Systeme, die den Motor im Stillstand an der Ampel abschalten, erhöhen die Zahl der Ladezyklen deutlich und fordern die Batterie in sehr unterschiedlichen Ladezuständen. „Das mag die Blei-Säure-Batterie eigentlich gar nicht, aber moderne Weiterentwicklungen kommen damit gut klar“, sagt Dr. Jochen Settelein vom Fraunhofer Forschungs- und Entwicklungszentrum Elektromobilität Bayern (FZEB) in Würzburg. Der Experte für Nanostrukturen leitet dort die Arbeitsgruppe Blei-Säure-Technologie.
Für Hybrid- und Elektroautos ist diese Batterie zu schwer, die Energiedichte zu gering. Anderswo spielt das keine Rolle. Gabelstaplern etwa verleiht die Blei-Säure-Batterie sogar die nötige Hecklastigkeit, damit sie bei der Arbeit nicht nach vorn kippen. Vor allem aber bei stationären Elektrizitätsspeichern hat die vermeintliche Uralt-Technik viel Zukunftspotenzial. Je mehr natürliche Energiequellen wie Sonne oder Wind eingesetzt werden, desto mehr Energie muss in Speichern vorgehalten werden, um Schwankungen bei der Versorgung auszugleichen. Allein 2018 hat sich die weltweit installierte Speicherkapazität laut Zahlen der Internationalen Energie Agentur (IEA) nahezu verdoppelt. Der Großteil dieses Zuwachses entfällt auf elektrische Batterien und „behind-the-meter storage“, also individuelle Speicher von Verbrauchern.
Zunehmend setzen auch große Energieerzeuger auf elektrische Batterien als Zwischenspeicher, um Netzschwankungen und Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage zu nivellieren. Die IEA geht davon aus, dass sich die installierte Batteriekapazität für Netzwerke bis 2040 nahezu verzehnfachen wird.
AKKUS AUS PLASTIK
Im Frühjahr 2019 hat Evonik eine Technologie vorgestellt, mit der sich Batterien aus Plastik auf fast jede beliebige Oberflache aufdrucken lassen – hauchdünn biegsam und obendrein umweltfreundlich. Die Technologie namens TAeTTOOz® basiert auf sogenannten Redox-Polymeren. Das sind Kunststoffe, die elektrische Ladungen aufnehmen und auch wieder abgeben können. Die Polymerbatterien kommen ganz ohne Metall oder flüssige Elektrolyte aus und werden über einen gewöhnlichen Druckprozess hergestellt. In der Logistik und Verpackungsindustrie eröffnen sie zum Beispiel Möglichkeiten, mit Hilfe von Sensoren Lieferketten oder die Unversehrtheit von Lebensmitteln und Arzneien zu überwachen. Auch Wearables, also mobile Geräte, mit denen etwa Körperfunktionen gemessen werden können, sind ein interessanter Anwendungsbereich für die flexiblen Stromspeicher.
Lithium-Ionen-Batterien sind zwar auch in diesem Segment gefragt. Ausgediente Batterien aus Elektroautos etwa können hier weiterverwendet werden. Doch Blei-Säure-Batterien spielen hier ihre Vorteile aus. Denn hohes Gewicht und sperrige Größe sind bei diesem Einsatz kaum relevant, der niedrige Preis dafür umso mehr. Pro Kilowattstunde kosten Blei-Säure-Batterien nur ein Drittel so viel wie Lithium-Ionen-Akkus. Sie kommen zudem ohne aufwendige Ladesteuerung und Kühlung aus und sind umweltfreundlich: Rund 99 Prozent der Materialien werden wiederverwertet. Der Wertstoffkreislauf für Blei ist seit Jahrzehnten etabliert. Beim Lithium ist man noch weit davon entfernt.
EIN PROJEKT, SECHS PARTNER
Um diese Vorteile der Blei-Säure-Speicher für die Energiewende zu nutzen, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 2017 das Projekt „AddESun“ an Setteleins Fraunhofer-Forschungszentrum. Der Name wird ausgesprochen wie der des Strompioniers Thomas Edison und verweist auf „Sonne“, „Energie“ und „Additive“. Letztere liefert Evonik als einer von sechs Projektpartnern – vor allem nanostrukturierte Oxidpartikel aus Rheinfelden.
„Mit den Additiven von Evonik, wie zum Beispiel Aluminiumoxid, können wir die Porosität der Elektroden erhöhen“, erklärt Settelein. Wie in den Poren eines Schwamms soll demnach der Elektrolyt in die additivierten Elektroden effizienter eindringen und ein Maximum an reaktiver Fläche finden. Das ehrgeizige Ziel folgt der Kurzformel „3 mal 30“: 30 Prozent mehr Ladezyklen sollen möglich werden und so die Lebensdauer weiter erhöhen. Die Ladefähigkeit – also die Bereitwilligkeit, Strom aufzunehmen – soll um 30 Prozent steigen. Und weitere 30 Prozent sollen bei der Energiedichte, also der Speicherkapazität pro Kilogramm Material, herausgeholt werden.
Als er vor sieben Jahren beim FZEB anfing, sei er selbst skeptisch gewesen, wie viel Zukunft noch in der Blei-Säure-Batterie stecke, sagt Settelein. Umso faszinierender sei es nun zu sehen, was noch aus ihr herauszukitzeln sei.
Preisgekrönte Batterieforscher
Dass die Lithium-Ionen-Batterie heute so gut für den Alltag taugt, ist drei Erfindern zu verdanken, die dafür im vergangenen Jahr mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurden.
Der britisch-amerikanische Festkörperchemiker Stanley Whittingham (Foto r.) experimentiert Ende der 1970er-Jahre für den Ölmulti Exxon mit Tantalsulfid und Kalium. Er stellt fest, dass geschichtetes Sulfid in seinen Zwischenräumen Ionen aus einer Metall-Anode aufnimmt – Experten sprechen vom „Interkalieren“. Dabei entsteht eine elektrische Spannung zwischen Anode und Kathode. Whittingham ersetzt später das Tantalsulfid in der Kathode durch leichteres Titansulfid und schwenkt beim Ionenspender in der Anode von Kalium um auf das weniger volatile Lithium. Whittinghams erste Zelle liefert bereits zwei Volt Spannung, ist aber hochexplosiv. Nach mehrmaligem Laden bildet das Metall Nadeln, sogenannte Dendriten. Stoßen die durch zur Kathode, kommt es zum Kurzschluss. Die örtliche Feuerwehr rückt damals so oft in Whittinghams Labor an, dass sie droht, ihm die Einsätze in Rechnung zu stellen. An der Universität Oxford nimmt kurz darauf der amerikanische Physiker John Goodenough (m.) Whittinghams Idee auf. Er vermutet, dass Oxide mehr Ionen aufnehmen können als Sulfide – und behält recht. Seine Kathode aus Lithium-Kobalt Oxid liefert prompt vier statt zwei Volt. Außerdem erkennt Goodenough als Erster, dass die Batterien nicht im geladenen Zustand gefertigt werden müssen, sondern sich auch nach dem Zusammenbau laden lassen.
Den letzten und für die Sicherheit entscheidenden Baustein steuert der Japaner Akira Yoshino (l.) bei. Anders als seine Wegbereiter ist er bei einem Konzern mit eigener Elektroniksparte angestellt, der japanischen Asahi Kasei Corporation.
Dort setzt man Anfang der 1980er-Jahre große Hoffnungen in portable Unterhaltungselektronik. Sony hatte kurz zuvor mit dem ersten Walkman einen Welterfolg gelandet. Yoshino entwickelt eine Anode aus Kohlenstoff, die Lithium-Ionen problemlos interkaliert. Ohne metallisches Lithium ist die Gefahr der Dendriten gebannt und der bis heute gültige Bauplan für die Lithium-Ionen-Batterie gefunden. 1991 bringt Sony die erste auf den Markt.
DIE NÄCHSTE AKKU-GENERATION
Dennoch wenden sich die Forscher bei Evonik auch neuen Technologien zu. Schließlich werden die theoretischen Grenzen zum Beispiel der etablierten Lithium-Ionen-Batterietechnik immer klarer sichtbar. „Mit dieser Konfiguration sind wir auf dem Weg zu einem physikalisch bedingten Leistungsplateau“, sagt Dr. Christos Sarigiannidis. Der Chemieingenieur arbeitet bei der Creavis, der zentralen Evonik-Innovationseinheit in Marl, an der nächsten Batteriegeneration. „Eine ganz große Hoffnung sind Feststoffbatterien“, sagt er. Diese Akkus kommen ohne flüssigen Elektrolyten aus, was sie sicherer und leistungsfähiger machen soll und sich zum Beispiel in größeren Reichweiten von Elektroautos widerspiegelt.
Erste Prototypen gab es schon in den späten 1950ern. Doch erst seit etwa fünf Jahren nährt sich die Technologie der Marktreife. Vom Batteriegiganten Panasonic bis hin zu Autobauern wie Toyota, Nissan, BMW und VW arbeiten zahlreiche Unternehmen an einer praxistauglichen Version der Feststoffbatterie.
Sogar einer der Erfinder der Lithium-Ionen-Batterie, der mittlerweile 97-jährige John Goodenough (siehe oben), mischt mit: 2017 stellte sein Team von der Uni Texas eine Feststoffbatterie mit Glaspulver als Elektrolyt vor. Mindestens doppelt so leistungsstark wie herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien soll sie sein. Obendrein könnte das darin enthaltene Lithium womöglich durch Natrium ersetzt werden.
ENERGIE AUS DEM MEER
Die Natrium-Batterie ist ein lang gehegter Traum der Batterieindustrie. Lithium gibt es auf unserem Planeten zwar in großen Mengen, aber nicht überall. Australien und Chile sind heute die größten Produzenten. China hat sich gewaltige Vorkommen gesichert. Noch rarer ist Kobalt, von dem weltweit 60 Prozent in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut werden – und das oftmals mittels Sklaverei und Kinderarbeit, wie Menschenrechtler beklagen. Natrium hingegen ist rund um den Globus verfügbar, zumindest in Küstenstaaten: Jeder Liter Meerwasser enthält im Schnitt zehn Gramm des Elements.
Für Evonik ist vor allem die Feststoffbatterie interessant. Gut zwei Dutzend feste Elektrolyte kommen infrage, die sich grob in anorganische Materialien, organische Polymere und Komposite unterteilen lassen. „Die Krux bei jeder Feststoffbatterie ist die Balance zwischen der Ionen-Leitfähigkeit des Elektrolyts und den mechanischen Eigenschaften“, erklärt Creavis-Experte Sarigiannidis. Jedes der zuvor genannten Materialien besitzt Vor- und Nachteile. Zum Beispiel gibt es bisher kein Polymer-Elektrolyt mit guter Leitfähigkeit bei Raumtemperatur. Die Creavis arbeitet zusammen mit diversen Evonik-Geschäftseinheiten daran, unterschiedliche Feststoff-Elektrolyt-Technologien, basierend auf Evonik-Materialien, zu evaluieren.
Bis die nächste Batteriegeneration in Mobiltelefonen oder gar Elektroautos zum Einsatz kommt, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. „Feststoffbatterien kommen wohl erst ab etwa 2030 am Markt an“, schätzt Sarigiannidis. Angesichts des bis dahin weiter wachsenden Speicherbedarfs werden aktuell verfügbare Technologien also noch für eine ganze Weile dominieren.