Für viele Menschen ist Singapur immer noch ein exotisch anmutender Fleck irgendwo in Südostasien. Der Stadtstaat an der Südspitze der Malaiischen Halbinsel ist selbst bei Asienreisenden oft nur Durchgangsstation auf ihrem Weg in Urlaubsregionen. Ganz im Gegensatz dazu hat die Finanz- und Industriewelt Singapur als wichtige Drehscheibe für Asien auserkoren. Das zeigt sich auch in den Rankings zu den Lebenshaltungskosten, in denen Singapur regelmäßig unter die teuersten Städte der Welt gewählt wird. Ein wohl eher wenig anziehender Spitzenplatz.
Übersehen wird dabei oft ein viel wichtigeres Ranking: Seit Jahren zählt Singapur zu den wettbewerbsfähigsten Staaten weltweit. Gerade erst hat die renommierte Wirtschaftsschule IMD Singapur auf Platz 3 ihres World Competitive Index eingestuft. Hinter den USA und Hongkong, aber weit vor Deutschland (15) und anderen großen Volkswirtschaften wie Großbritannien (20) oder Frankreich (28).
Wie kann es sein, dass ein kleines Eiland ohne natürliche Ressourcen zu einem der leistungsfähigsten Wirtschaftsstandorte der Welt wird? Die Antwort klingt einfach: indem langfristig geplant, groß gedacht und schnell gehandelt wird. Auch und gerade im Bereich von Innovation setzt Singapur Maßstäbe, die man in Deutschland stärker wahrnehmen sollte. Denn vieles ist dort beispielhaft.
WIRTSCHAFTLICHE ÖFFNUNG IST EIN SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG
Seit der Unabhängigkeit im Jahr 1965 hat die Regierung Singapur strategisch entwickelt und damit aus einem Schwellenland eines der modernsten Zentren der Welt gemacht. Von Anfang an war die Öffnung nach außen Teil des Programms. Konzerne aus der ganzen Welt wurden mit attraktiven Rahmenbedingungen angelockt. Anfangs schufen sie Verkaufsbüros, dann folgten Produktionsstätten. Dank einer hohen Rechtssicherheit, guter staatlich finanzierter Infrastruktur und eines beispielhaften Schutzes von geistigem Eigentum wurde daraus rasch mehr. Das gilt auch für Evonik: Den Produktionsstätten für Öladditive und Aminosäuren folgt in diesem Jahr unser Forschungszentrum mit Schwerpunkten auf Zukunftstechnologien wie der additiven Fertigung oder der künstlichen Herstellung menschlicher Gewebezellen.
Möglich wurde dieser qualitative Aufschwung vor allem durch die herausragende und systematische Förderung von Wissenschaft. Gleich drei nationale Universitäten leistet sich das kleine Land mit nur sechs Millionen Einwohnern. Hinzu kommen private Hochschulen und diverse Ableger internationaler Universitäten.
MASSIVE INVESTITIONEN IN ZUKUNFTSBRANCHEN
Über allem steht eine staatliche Planung, die klare Schwerpunkte setzt, wissenschaftlich basiert. Das Center for Strategic Futures, ein staatlicher Thinktank, liefert seine Strategien und Handlungsempfehlungen direkt an den Premierminister. Ist eine Schlüsselbranche definiert, wird gehandelt – und wie: In den Aufbau der Forschungsstadt Biopolis steckte der Staat fünf Milliarden €, um in der Biomedizin an die Spitze zu kommen. Dazu liefert das Economic Development Board, eine Behörde zur Wirtschaftsförderung, schnelle und attraktive Lösungen für Investoren und Unternehmen. Auch dank eines offenen Innovations-Ökosystems, das unterschiedlichste Kooperationen im Interesse von Innovationen zulässt und fördert.
Ein weiteres Beispiel: Singapur hat entschieden, zur Hochburg für Start-ups zu werden. Für den Plan stehen 20 Milliarden € bereit. Das Risiko bei den Neugründungen trägt zum Großteil der Staat. Zum Vergleich: Die deutsche Bundesregierung steckte im Jahr 2017 insgesamt rund 17 Milliarden € in Forschung und Entwicklung – bei einer Wirtschaftskraft, die gut elfmal so hoch ist wie die des Inselstaats.
Natürlich darf man nicht die Schattenseiten der rasanten Entwicklung ausblenden. Hinter all der staatlichen Lenkungskraft steht ein starker Wille zur Kontrolle. Nach wie vor unterliegen die Medien strenger Zensur, und auch das berüchtigte Strafrecht fußt auf dem Wunsch nach unbedingter Disziplin. Doch auch in einem freieren Gesellschaftssystem lassen sich Innovationsschübe wie in Singapur auslösen. Man muss dazu aber auch unbequeme Debatten zu Ende führen und dann entsprechend politisch handeln.
Diese Website bettet YouTube-Videos ein. Um das Video an dieser Stelle anzusehen, stimmen Sie bitte zunächst zu, den YouTube-Player zu laden, um das Video vom YouTube-Server abzuspielen und Ihre IP-Adresse an YouTube zu übermitteln.
Weitere Informationen über den Schutz Ihrer Daten durch Youtube finden Sie hier:
https://policies.google.com/privacy?hl=en