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»Blei hat das Büchermachen revolutioniert«

Lesedauer 2 min

Christoph Sünder ist Druckermeister. Er leitet die Werkstatt im Druckladen, der museumspäda­gogischen Vermittlungsabteilung des Gutenberg-Museums in Mainz, und druckt regelmäßig mit alten Lettern aus einer Bleilegierung.

Karolina Föst
Von Karolina Föst

Redakteurin, sie arbeitet in der externen Kommunikation von Evonik

Im Gutenberg-Museum in Mainz besitzen wir mehr als 100 Schränke, voll mit alten Bleilettern von Hunderten unter­schied­lichen Schriften. Wir haben sie aufgekauft oder geschenkt bekommen von Druckereien, die ihren Betrieb aufgegeben haben. Damit stellen wir Unikate her, Urkunden, Texte und Karten zu besonderen Anlässen. Handpressendruck ist heutzutage Kunst.

Johannes Gutenberg wollte kein Kunstwerk schaffen, auch wenn wir die Gutenberg-Bibel als solches ansehen. Der Mainzer wollte Schriftstücke vervielfältigen, schneller und flexibler als damals üblich. Bevor er um 1450 den Buchdruck mit beweglichen Buchstaben aus Blei erfand, wurden Bücher abgeschrieben oder aufwendig per Holzschnitt gedruckt. Meist waren die Buchschreiber Mönche, sie benötigten circa zwei Jahre für ein Bibelexemplar. Dank Gutenberg ging das fortan viel schneller und günstiger. Blei hat das Büchermachen revolutioniert und im Lauf der Zeit Bildung für alle ermöglicht.

Warum Gutenberg Blei wählte, können wir nur vermuten. Aus seiner Zeit gibt es keine Originallettern, es ist auch nichts schriftlich überliefert. Wahrscheinlich gab den Ausschlag, dass sich Blei gut verarbeiten lässt. Das Schwermetall ist leicht verformbar und hat einen relativ niedrigen Schmelzpunkt bei etwa 300 Grad Celsius. Man kann es also über Feuer schmelzen.

Christoph Sünder lehnt an eine Holzregal mit beweglichen Lettern.

Wenn ich als Drucker von Blei spreche, meine ich eine Legierung aus Blei, Zinn und Antimon. Das Gemisch ist für den Druck gut geeignet: Es erkaltet schnell und ist trotzdem stabil. Die Lettern dürfen schließlich weder Lufteinschlüsse haben noch nach dem Auskühlen ihre Form verändern.

Für die Herstellung der Handlettern wurde das flüssige Metall in eine Hohlform gegossen, die einzelnen Buchstaben und Satzzeichen wurden – spiegelverkehrt und auf dem Kopf stehend – auf sogenannten Satz­schiffen zu Wörtern, Sätzen und ganzen ­Texten zusammengefügt. So entstand eine beliebig reproduzierbare Druckvorlage. Sie wurde in die Druckerpresse eingespannt, eingefärbt und auf Papierbogen gedrückt. Ein Verfahren, das für mehr als 500 Jahre Bestand haben sollte.