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Wie schmeckt die Zukunft?

Lesedauer 4 min
06. Juli 2021

Steaks aus dem Bioreaktor? Anti-Aging-Mittel zum Dessert? Bakterien, die Krebs heilen? Die Zukunft der Ernährung eröffnet jede Menge Chancen für Gesundheit und Wohlbefinden, die es zu erforschen gilt.

Björn Theis
Von Björn Theis

Leiter Foresight von Evoniks Innovationseinheit Creavis

Sir Winston Churchill war nicht nur einer der bedeutendsten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts, sondern auch ein ernst zu nehmender Zukunftsforscher. „Fifty Years Hence“ ‒ so lautet der Titel des Essays, das der spätere britische Premier 1932 für das Magazin Popular Mechanics verfasste. Darin erdenkt Churchill  bereits eine Wasserstoffökonomie, Smartphones – und eine Zeit, in der wir „der Absurdität entkommen, ein ganzes Huhn zu züchten, um die Brust oder die Flügel zu essen, in dem wir die einzelnen Teile in einem geeigneten Medium züchten“

WUNDERWERK MIKROBIOM

Heute beginnt diese Vision, Realität zu erden. Im Dezember vergangenen Jahres gewährte Singapur als erstes Land welt weit der amerikanischen Firma Eat Just die Zulassung ihrer „Chicken Bites“: Fleisch stückchen aus Hühnerzellen, die im Bioreaktor gezüchtet werden. Fleischersatz aus Pflanzenproteinen ist mittlerweile in fast jedem Supermarkt erhältlich.

„Peak Meat“, also der Punkt, von dem an der Konsum tierischer Proteine zurückgeht, könnte laut einer Studie von Boston Consulting in Europa und Nordamerika zwischen 2025 und 2035 erreicht werden. 2040, so Experten von AT Kearney, könnten bereits 60 Prozent der heutigen Fleischprodukte durch pflanzliche oder gezüchtete Alternativen ersetzt worden sein – mit positiven Effekten für Flächenverbrauch und Klimabelastung.

Zugleich verdichten sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass durch eine gezielte Ernährung Krankheiten wie Diabetes oder Darmkrebs vermieden und sogar bekämpft werden können.

Das menschliche Mikrobiom kristallisiert sich als Missing Link heraus, der uns die Wechselwirkungen zwischen Nahrung und unserem Körper besser verstehen lässt. Im komplexen Zusammenspiel von Nährstoffen, Mikroorganismen und Stoffwechselprodukten werden die Ursachen zahlreicher Krankheiten vermutet. Die Forschergemeinde ist sich sicher, dass die richtige Ernährung in der präventiven Medizin eine zentrale Rolle spielt.

Modell-Kuh in einer Petrischale

SICH JÜNGER UND GESÜNDER ESSEN

Positive Effekte auf die menschliche Gesundheit lassen auch Ergebnisse aus der Epigenetik erhoffen – der Wissenschaft, die sich mit der Regulation der Gene beschäftigt. Isabelle Mansuy, stellvertretende Leiterin des Instituts für Neurowissenschaften an der ETH Zürich, geht davon aus, dass wir durch die Ernährung die Ausprägung unserer Gene steuern und so genetische  Veranlagungen etwa zu Stoffwechselkrankheiten oder zu Übergewicht an- und abschalten können.

So vermuten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass Olivenöl das Arteriosklerose-Risiko deutlich reduziert. Mansuy zufolge ist es sogar möglich, Einfluss auf den Alterungsprozess zu nehmen. Die Epigenetik konnte nachweisen, dass manche Menschen jünger oder älter sind, als ihr Geburtsdatum es vermuten lässt.

Ob epigenetisch wirksame Nährstoffkombinationen, Mikrobiom-Tuning, pflanzenbasiertes oder gezüchtetes Fleisch – die Ernährung bietet noch viel Raum für Innovationen. Ein lohnender Grund für das Foresight-Team der Creavis, die Zukunft der Ernährung zum nächsten Fokusthema zu erklären. Unter dem Titel „Sustainable Food Futures 2040“ sollen neue  Innovationsopportunitäten entlang der sich wandelnden Lebensmittel-Wertschöpfungskette identifiziert werden, damit Evonik einen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft der Ernährung leisten kann.

Einer Zukunft, die sicherlich auch Churchill schmecken würde.