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Süß-Sauber

Lesedauer 4 min
05. November 2021

Bei der Herstellung von Kosmetika und Reinigungsmitteln sind Biotenside gefragt, die mittels Fermentation auf Basis von Zucker produziert werden.

Alternativbild
Von Christoph Bauer

Redakteur und Textchef der ELEMENTS

Die ersten Versuche, Biotenside mittels Fermentation zu produzieren, endeten vor fünf Jahren mit Schaumbergen im Labor, erinnert sich Dr. Hans Henning Wenk, Leiter Forschung und Entwicklung bei Evonik Care Solutions. Mittlerweile haben die Experten das Thema im Griff und produzieren im slowakischen Ort Slovenská Ľupča Biotenside auf Basis von Rhamnolipiden, die von Bakterien hergestellt werden.

Tenside sorgen in Spülmitteln, Duschgels oder Badezusätzen dafür, dass sich gelöster Schmutz nicht wieder an Geschirr oder Körperteilen anlagert. In der Europäischen Union müssen sie sich bei der Wasseraufbereitung größtenteils zersetzen, weshalb die Konsumgüterindustrie verstärkt auf Biotenside setzt. Der Bedarf wächst jedoch auch in Regionen, in denen Kläranlagen kaum verbreitet sind, das Umweltbewusstsein aber wächst.

Nach dem Start im Kosmetiksektor entwickelte Evonik mit dem Partner Unilever ein Handspülmittel auf Basis solcher Biotenside. In Chile und Vietnam, wo Geschirr meist von Hand gespült wird, ist das Produkt bereits auf dem Markt. Anders als früher sind Handspülmittel auf Basis von Biotensiden dank der Rhamnolipide bei der Leistung auch sehr guten Produkten auf synthetischer Basis ebenbürtig. Der Bedarf an dem nachhaltigen Rohstoff nimmt rasch zu. So will Unilever bis 2030 bei allen Haushalts- und Textilpflegeformulierungen ohne fossile Kohlenstoffe auskommen. Rhamnolipide finden sich inzwischen auch in Zahnpasta, Gesichtsreinigern und Shampoos, und Evonik investiert weiter in diese Produktionstechnik, um die führende Marktposition auf dem globalen Wachstumsmarkt zu festigen.

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AB IN DEN ABFLUSS

Die von Evonik produzierten Biotenside bestehen aus einem Zucker- und einem Fettsäureteil. Beim Fermentationsprozess verwendet der Konzern einen Bakterienstamm, der beides aus pflanzenbasierten Zuckern herstellt. Als Substrat nutzt Evonik Dextrose, die aus Pflanzen hergestellt wird – etwa europäischem Mais. Nicht nur Rohstoffe und Produktion sind umweltfreundlich, auch das Produkt selbst schont die Natur.

Wenk: „Am Ende landet es über den Abfluss in der Kläranlage – und in einigen Regionen direkt in der Umwelt.“ Da Rhamnolipide im Vergleich zu konventionellen Tensiden weit weniger toxisch sind und sehr gut biologisch abbaubar, bringt dies eine enorme Entlastung.

Ein Handspülmittel wird aus einer Spülmittelflasche auf einen Schwamm gegeben.

Der Clou des Evonik-Fermentationsprozesses ist seine Skalierbarkeit. Eine ganze Reihe natürlicher Bakterien setzt Fette zu Rhamnolipiden um, aber nur in mikroskopischen Mengen. Bei Evonik erledigt diesen Job Pseudomonas putida, ein sehr gut erforschter sogenannter Sicherheitsstamm. „Wir haben ihn mit dem genetischen Handwerkszeug ausgestattet, um Rhamnolipide in größerer Menge zu produzieren, und ihn dann immer weiter optimiert“, erklärt Wenk.

Am Ende des Prozesses stand ein Bakterienstamm, der Biotenside in industrieller Menge produziert. „Wir haben Biotechnologen mit Prozessexperten, Chemikern und Ingenieuren zusammengesetzt“, berichtet Wenk. „Unsere Erfahrung in der Tensidentwicklung hat uns dabei geholfen.“ Als entscheidend stellte sich die Expertise eines Physikochemikers heraus, der erklären konnte, warum sich ein Tensid bei Veränderung spezieller Parameter plötzlich völlig anders verhält. Mit diesem Wissen bekamen die Forscher den Schaum in den Griff, der jetzt nur noch in Spülbecken und Badewannen seine Wirkung entfaltet.