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Vom Baum des Lebens profitieren

Lesedauer 7 min
17. Februar 2025

Die Frucht des Afrikanischen Affenbrotbaums dient als wichtige Einkommensquelle für die lokale Bevölkerung und stiftet auch jenseits von Afrika breiten Nutzen – als Superfood und als Bestandteil von Pflegeprodukten für Haut und Haar.

Sie sind die wahren Riesen der Savanne: Die mächtigen Affenbrotbäume in Afrikas weiten Steppen überragen mit ihren bis zu 30 Meter Höhe auch Giraffen locker. Doch von Dezember bis März, wenn die Bäume Früchte tragen, gibt es rund um die Riesen viel zu tun. Meist sind es in den Dörfern südlich der Sahelzone die Frauen, die die reifen Früchte von der Erde auflesen oder mit langen Stangen von den hohen Bäumen pflücken. Später, in den Dörfern, übernehmen sie es auch, die Früchte zu öffnen und das trockene weiße Fruchtfleisch zu zerstampfen. Wird das Fruchtfleischpulver abgesiebt, bleiben die etwa rosinengroßen, braunen Samen des auch als Baobab bekannten Baumes übrig.

In manchen Regionen Afrikas wird aus diesen kugeligen braunen Gebilde ein Öl gewonnen und etwa zur Seifenherstellung oder für Kosmetikanwendungen genutzt. In anderen Gebieten spielt vor allem das Fruchtfleisch eine wirtschaftliche Rolle. Traditionell finden fast alle Teile des Baumes Verwendung – nicht umsonst ist der Baobab auch als „Baum des Lebens“ bekannt. Die frischen Blätter etwa können gekocht und wie Spinat zubereitet werden. Getrocknet und gemahlen würzen sie Breie, Suppen und Soßen. Wurzel-, Rinden- und Blätterextrakte dienen traditionell als Heilmittel. Inzwischen ist wissenschaftlich belegt, dass sie hohe antivirale und antimikrobielle Wirkung haben. Aus den Fasern der Rinde lassen sich Alltagsprodukte wie Schnüre, Seile, Körbe und Matten herstellen. 

Ein Baobab ohne Blätter

Öl mit sozialem Wert

Vor etwa zwei Jahren entdeckten Experten von Evonik Baobab-Samen aus ländlichen Gebieten in Ghana und Burkina Faso als mögliche Quelle für ein Öl, das in Haut- und Haarpflegeprodukten eingesetzt wird. „Unsere Business Line Care Solutions wollte ein Öl auf den Markt bringen, das ökologisch, wirtschaftlich und sozial Wert schafft“, sagt Natalia Hinrichs-Tontrup. Sie kümmert sich bei Creavis, der Einheit für strategische Innovation und der Business Inkubator von Evonik, um nachhaltige Rohstoffe. Das ging nur mit geeigneten Partnern. Als ideal geeignet erwies sich das englische Unternehmen Aduna. Es verfügte über Erfahrung, denn es vermarktete schon das Fruchtfleisch der Baobabs aus dieser Region in Europa als Superfood. Durch die Nutzung des Öls profitieren die lokalen Gemeinschaften seitdem doppelt. 

Eine Affenbrotbaum-Frucht liegt neben einer Glasflasche mit einem hellen, transparenten Öl.

Diashow aus Ghana

Bilder aus der Anbauregion in Ghana

Eine Bilderschau zum Projekt in Ghana

Baum als Wasserspeicher

Ökologisch bietet die Nutzung der majestätischen Affenbrotbäume viele Vorteile. Sie wachsen wild auf den trockenen und kargen Böden der afrikanischen Baumsavannen und stabilisieren diese. Da ihr Holz nicht als Baumaterial taugt, können sie meist in Ruhe groß werden. Diese Ruhe ist auch nötig, denn erst nach rund 10 bis 20 Jahren trägt ein Affenbrotbaum Früchte. Im reifen Alter von mehr als 60 Jahren kann er dann bis zu 250 Früchte pro Jahr produzieren. Der Baum hat eine wichtige ökologische Funktion, denn er speichert während der Regenzeit Wasser. Damit kann er lange Trockenheitsphasen überstehen, und auch um ihn herum wächst mehr. Wo Baobab-Bäume fehlen, schreitet die Wüstenbildung fort.

Das hat auch die Great Green Wall-Initiative unter Führung der Vereinten Nationen (UNCCD) erkannt. Ihr Ziel ist es, 100 Millionen Hektar ausgelaugter Böden in 22 afrikanischen Ländern wieder zum Leben zu erwecken und damit nachhaltige Arbeits- und Einkommensmöglichkeit für die dort lebenden Menschen zu schaffen. Dazu soll in der Sahelzone ein 8.000 Kilometer langes Mosaik aus Baumpflanzungen inklusive Baobabs und lokalen Anbauprojekten entstehen.Denn neben der Ökologie muss die ökonomische Perspektive stimmen. Der Handel mit den Früchten des Baobab-Baums stellt eine wichtige Lebensgrundlage für die ländliche Bevölkerung dar.

Eine Ghanaerin sitzt auf einem Holzschemel im Freien und zerteilt Baobab-Früchte.

Evonik kauft die bisher nicht verwendeten Baobab-Samen in der Region von den Sammlerinnen, die damit weiteres Einkommen generieren. Der Teil des Fruchtfleischs, den sie nicht verkaufen, dient ihnen als Nahrungsergänzungsmittel. Für die Grundversorgung der Menschen in den Dörfern spielte es nie eine Rolle.

Nachhaltige Lieferkette

„Der Anschluss an globale Märkte ist ein wichtiger Faktor für den Handel mit lokalen Produkten. Das hat Aduna in Ghana für die Affenbrotfrüchte ermöglicht“, betont Hinrichs-Tontrup. Das in London ansässige Handelsunternehmen ist auf die ethische Beschaffung pflanzlicher Zutaten aus Afrika spezialisiert. Zusammen mit ORGIIS, einer ghanaischen Nichtregierungsorganisation, hatte es eine ethisch zuverlässige und nachhaltige Lieferkette für Baobab-Früchte aus Ghana und Burkina Faso aufgebaut. Sie bildete die Grundlage für die Nutzung der Baobab-Samen.   

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Durch die Baobab-Wertschöpfungskette von Aduna und ORGIIS haben rund 2.000 Frauen vor Ort bereits Arbeit gefunden, und das Haushaltseinkommen hat sich verzehnfacht. ORGIIS agiert als Sprachrohr und Interessensvertretung der lokalen Gemeinden. Denn klar ist: Nur wenn das Projekt sozialen Nutzen in der Region schafft, wird es dauerhaft Akzeptanz und Unterstützung finden.  Daher wird ein Teil der Einnahmen aus dem Verkauf des Fruchtfleisches und jetzt auch der Samen und des Öls direkt in ökologische und soziale Projekte investiert. Perspektivisch kann die globale Vermarktung des Baobab-Öls von Evonik die Nachfrage nach Baobab-Samen steigern und zur Anpflanzung und Pflege weiterer Bäume führen – ganz im Sinne der Green Wall Initiative. Evonik hat sein Baobab-Produkt in Zusammenarbeit mit der UNCCD auf den Weg gebracht und unterstützt damit deren Vorhaben.

Jeweils drei Frauen in blauen Arbeitskitteln stehen um mehrere hölzerne Gefäße in dem sie mit Holzstangen das Fruchtfleisch zerkleinern.

Anspruchsvoller Markt

Die drei klassischen Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung sind damit alle berücksichtigt: Ökonomischer, ökologischer und sozialer Nutzen gehen Hand in Hand. Aber auch die Kunden von Evonik profitieren. Denn gerade die Kosmetikindustrie fragt immer genauer nach der Herkunft und dem ökologischen Fußabdruck der Inhaltsstoffe ihrer Produkte. Ihre Kundschaft ist besonders anspruchsvoll, und das inzwischen in vielen Ländern der Welt. 

Evonik hat deshalb 2020 für sein Kosmetikgeschäft das Programm „Next Generation Sustainable Feedstocks“ aufgesetzt. Sein Fokus liegt auf nachhaltigen Produkten auf Basis alternativer Rohstoffe. Die Produkte werden seit 2022 unter der Dachmarke Ecohance geführt.

„Alternative Rohstoffe ersetzen petrochemische, synthetische, palmölbasierte oder in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln stehende Rohstoffe“, sagt Dr. Wolfgang Goertz, Leiter Cosmetic Solutions. „Eines der wichtigsten Kriterien für alternative Rohstoffe ist deren Herkunft.“  Die Samen des Affenbrotbaums aus Ghana und Burkina Faso entsprechen diesen Anforderungen durch die beschriebenen Vorteile in idealer Weise.

Eine weiße Lotion in einer Flasche steht auf einem Tisch. Darum herum Früchte des Affenbrotbaums und einige Samen davon.

Am Ende muss aber auch ein nachhaltiges Produkt vor allem bei den Verbrauchern gut ankommen. Da das Baobab-Öl von Evonik nicht das erste im Markt war, sollte es ein besonders hochwertiges sein. „Das Öl wird durch Kaltpressung gewonnen und anschließend raffiniert und desodoriert“, erläutert Dr. Verena Dahl, die innerhalb der Anwendungstechnik die kosmetischen Öle für Skin Care betreut. Durch die Aufreinigung entsteht ein hochreines Endprodukt mit neutralem Geruch und heller Farbe, das reich an hautpflegenden und -nährenden ungesättigten Fettsäuren und Vitaminen ist und sich in vielerlei Pflegeprodukten einsetzen lässt. 

Wichtig bei Pflegeprodukten ist auch, dass die darin enthaltenen Öle nicht ranzig werden, wenn das Produkt dem Sauerstoff in der Luft ausgesetzt wird. Denn das würden Endverbraucher riechen und als unangenehm empfinden, wie Dahl beschreibt. Die Fachwelt spricht von Oxidationsstabilität. Evonik hat die Oxidationsstabilität des neuen Baobab-Öls im Labor getestet – im Vergleich zu Arganöl, einem häufig in Kosmetika verwendeten tropischen Öl, und nicht aufgereinigtem Baobab-Öl. Das neue Baobab-Öl schnitt am besten ab, was Dahl auf einen hohen Anteil an Vitamin E zurückführt. In Tests an freiwilligen Probanden schließlich wurden die gute Verträglichkeit und die feuchtigkeitsspendende Wirkung des Öls nachgewiesen. Einsatz findet es nun in unterschiedlichsten Haut- und Haarpflegeprodukten.

Zwei Frauen stehen nebeneinander und lachen. Sie tragen weiße Polo-Shirts kombiniert mit farbenfrohen Tüchern.

Baobab-Öl in Asien gefragt

Besonders gut kommt das Ende 2023 eingeführte Öl bisher in Asien an. „Wir haben Kunden, die Baobab-Öl verwenden, weil sie im Marketing seine afrikanische Herkunft und besonders pflegende, beruhigende Wirkung auf die Haut hervorheben können. Ein schönes Beispiel ist eine 2024 in China eingeführte Multifunktionscreme für Babys“, sagt Ivy Hou, die von Schanghai aus das Baobab-Öl von Evonik weltweit vermarktet. Für andere Kunden sei die nachhaltige, sozial-verantwortliche Lieferkette ein wichtiges Verkaufsargument.

All diese garantierten Produktversprechen – in der Branche „Claims“ genannt – gibt Evonik seinen Kunden an die Hand. Neben den Claims zur Herkunft und Beschaffenheit des Öls stehen die positiven Anwendungseigenschaften und Wirkungen und die Nachhaltigkeitsaspekte. „Unser Öl erfüllt prinzipiell die gleiche Funktion im Endprodukt wie tropische Öle“, erklärt Marketingfachfrau Hou. „Aber es besitzt das Potenzial, bei der Vermarktung als Hauptdarsteller zu fungieren.“ 

Zukünftig soll auch der erste Verarbeitungsschritt, das Mahlen der Baobab-Samen, in Ghana erfolgen. Es ist geplant, 2025 bei Aduna und ORGIIS eine Ölmühle zu errichten, die die für den Export erforderliche Ölqualität liefert und die Beschäftigungs- und Einkommenssituation vor Ort weiter verbessert. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) fördert das Vorhaben über „Invest for Jobs“, ein Programm des deutschen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die Förderung umfasst sowohl Schulungsmaßnahmen für die überwiegend von Frauen geführten Vereinigungen von Baobab-Sammlerinnen und -Verarbeiterinnen als auch finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung der erforderlichen Ausrüstung.

Frauen gehen hintereinander nach getaner Ernte. Einige tragen Transportkörbe auf ihren Köpfen.

Als Ergebnis wird ein noch größerer Teil der Wertschöpfung in Afrika verbleiben. Und es wird nur noch das gewonnene Baobab-Öl nach Deutschland verschifft, statt Tonnen von Samen.

Stimmen der Dorfbewohner

Projektmitarbeiter und Dorfbewohnerinnen berichten, was das Projekt für die Gemeinschaft bedeutet.

Eine der befragten Dorfbewohnerinnen lächelt in die Kamera

Das ist ECOHANCE®

Unter dem Markennamen Ecohance führt die Business Line Care Solutions besonders nachhaltige Inhaltsstoffe für Kosmetika, die sich im Zusammenspiel von drei Aspekten auszeichnen: Rohstoffauswahl, Lieferkette und Leistung.

  • Die biobasierten Rohstoffe stammen z.B. aus umweltverträglichem Anbau, werten Produktionsnebenströme auf, oder stehen nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln.
  • Bei der Lieferkette geht es um Nachverfolgbarkeit und darum, lokale Gemeinschaften auf faire Weise zu beteiligen.
  • Qualität, Funktionalität und Effizienz der Produkte entsprechen höchsten Anforderungen – bei der Verarbeitung durch die Kosmetikindustrie und der Anwendung durch den Endverbraucher.

Das Ecohance-Programm von Evonik umfasst bisher drei Produkte:

  • Einen besonders effizienter Emulgator auf Basis eines Reststoffs aus der Olivenölproduktion
  • Das Baobab-Öl aus den Samen wild wachsender afrikanischer Affenbrotbäume
  • Einen feuchtigkeitsspendenden Verdicker, der in einem energiesparenden enzymatischen Verfahren hergestellt wird

Mehr Infos unter
https://personal-care.evonik.com/en/sustainability/ecohance

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