Server Infos
Server:
Server IP:
Environment:
Authorized User:
cm-p115160-e1228952-aem-publish-84db7f5b68-sh79g
172.16.158.36
publish,local
Drei Studierende sitzen auf einer grünen Wiese auf dem Campus der Ruhr-Universität.

Klimagas wird Rohstoff für nachhaltigere Chemie

Die Ruhr-Universität Bochum ist einer der Forschungspartner bei dem Projekt.
Lesedauer 4 min
20. Oktober 2025

Evonik, das Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT) und die Ruhr-Universität Bochum haben einen Weg gefunden, aus CO₂ direkt wichtige Rohstoffe für die Chemie herzustellen.

Bernd Kaltwaßer
Von Bernd Kaltwaßer

Promovierter Biologe und Redakteur der ELEMENTS

Kohlendioxid (CO₂) ist als Treibhausgas bekannt – und zugleich ein unterschätzter Rohstoff. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben Wissenschaftler von Evonik, dem LIKAT und der Ruhr-Universität Bochum ein Verfahren entwickelt, das CO₂ direkt zur Herstellung chemischer Verbindungen genutzt, die für Kunststoffe, Kosmetika und Reinigungsmittel genutzt werden. 

Der Clou: Das neue Verfahren ersetzt fossilen Kohlenstoff vollständig durch CO₂ – und macht damit einen Schritt in Richtung nachhaltige Chemie.

ELEMENTS-Newsletter

Erhalten Sie spannende Einblicke in die Forschung von Evonik und deren gesellschaftliche Relevanz - ganz bequem per E-Mail.

Portrait Professor Dr. Robert Franke

»Die direkte Nutzung von CO₂ als Rohstoff ist ein Meilenstein für die nachhaltige Chemie im industriellen Maßstab«

Prof. Robert Franke Professor am Lehrstuhl für Theoretische Chemie der Ruhr-Universität und Leiter einer Forschungsgruppe bei Evonik Oxeno

Wissenschaft und Industrie vereint

„Wir wollten zeigen, dass CO₂ auch Teil der Lösung sein kann“, sagt Robert Franke, Projektleiter bei Evonik und Professor für Theoretische Chemie in Bochum. Die enge Zusammenarbeit mit dem LIKAT und der Ruhr-Universität sei entscheidend gewesen, um Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in ein industriell relevantes Verfahren umzumünzen.

Das macht das Forschungsprojekt zu einem hervorragenden Beispiel für die Innovationskraft, die entsteht, wenn Industrie und Wissenschaft ihre Kompetenzen bündeln. Evonik engagiert sich seit Jahren für solche Kooperationen – mit dem Ziel, nachhaltigen Technologien schneller zum Marktdurchbruch zu verhelfen.

Ein Luftbild des RUB-Campus.

Schlüssel zur defossilisierten Carbonylierung

Das neue Verfahren nimmt die sogenannte Carbonylierung in den Blick. Dabei wird klassischerweise Kohlenmonoxid (CO) eingesetzt, um Olefine – eine Gruppe von Kohlenwasserstoffen – in Ester oder Carbonsäuren umzuwandeln. Das Problem: CO ist zwar ein effektiver Reaktionspartner, aber es ist auch giftig und stammt meist aus fossilen Quellen.

Daher ersetzt das neue Verfahren CO vollständig durch CO₂. So wird ein giftiges Zwischenprodukt vermieden und gleichzeitig ein Treibhausgas als Rohstoff genutzt. Die Herausforderung: CO₂ ist chemisch deutlich stabiler als CO und daher schwerer zu aktivieren. Genau hier kommt der grüne Wasserstoff ins Spiel. Er wird durch Elektrolyse mit erneuerbarem Strom hergestellt und liefert im Zusammenspiel mit einem speziellen Katalysatorsystem die nötige Aktivierungsenergie für eine defossilierte Carbonylierung.

Portrait von Ralf Jackstell

»Die Entwicklung dieses Katalysatorsystems ist ein Beispiel dafür, wie wir durch gezielte Forschung zur Defossilierung der chemischen Industrie beitragen können.«

Dr. Ralf Jackstell Themengruppenleiter am LIKAT

Wissenschaftlich fundiert und industriell relevant

Ihr neues, zweistufiges Verfahren beschreiben die Forscher im renommierten Journal of the American Chemical Society. Zunächst wandelt ein Iridium-Katalysator die Olefine mit CO₂ und Wasserstoff in Alkylformiate um. Anschließend überführt ein Palladium-Katalysator diese Zwischenprodukte in lineare Ester. Ein spezieller Ligand und ein säurehaltiger Zusatzstoff sorgen für hohe Selektivität und Effizienz. 

„Die Herausforderung bestand darin, CO₂ chemisch so zu aktivieren, dass es in die gewünschten Produkte überführt werden kann – und das unter Bedingungen, die auch für die Industrie praktikabel sind“, sagt Franke. Das scheint gelungen: Das Verfahren funktioniert mit verschiedenen Ausgangsstoffen und zeigt Potenzial für industrielle Anwendungen.

Ein rot-graues modernes dreistöckiges Gebäude.

„Die Entwicklung dieses Katalysatorsystems ist ein Beispiel dafür, wie wir durch gezielte Forschung zur Defossilierung der chemischen Industrie beitragen können. CO2 wird hier nicht als Abfall, sondern als wertvoller Rohstoff betrachtet“, sagt Dr. Ralf Jackstell, Themengruppenleiter am LIKAT.

So zeigt sich, wie Industrie und Wissenschaft gemeinsam den Weg für eine nachhaltigere Chemie ebnen können – und wie ein Klimagas zum Ausgangspunkt für Innovation wird.